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Von Eger bis Sárospatak – mit einem lachenden und einem weinenden Auge


Unser neues Zuhause Ungarn ein Stückchen mehr kennenlernen, ist uns ein Bedürfnis. So haben wir uns auch in diesem Jahr wieder auf eine sehr schöne Erkundungsfahrt gemacht und den Nordosten von Ungarn ins Visier genommen. Unsere Reiseroute führte über Eger, Szilvásvárad, Lillafüred, Miskolc, Tokaj, Hercegkút bis fast an die ukrainische Grenze nach Sárospatak. Eine Tour mit vielen Highlights. Doch es gab auch traurige Momente. Dazu später mehr.



Übernachtung im Wald: Bergcamping im Bükk Nationalpark


Aufgrund der großen Hitze schlugen wir unser Zelt auf 600 m Höhe auf dem im Wald gelegenen kleinen aber feinen Campingplatz Hollósstető Bergcamping auf. Die Anfahrt von Eger hoch ins Bükk-Gebirge Richtung Bükkszentkreszt war schon recht kurvenreich, aber die Mühe hatte sich gelohnt. Gleich nach unserer Ankunft wurden wir sofort von der tierischen "Keks-Kontrolle" aufgesucht, die regelmäßig den Platz durchstreifte und auf herabfallende Leckereien hoffte. Die Nächte waren angenehm kühl, sodass wir frisch und gut erholt unsere Tagestouren antreten konnten.





Eger – eine Stadt mit Wohlfühl-Flair


Eger ist zwar vor allem für ihre heldenhaften Verteidiger gegen die Türken bekannt, doch Eger ist weit mehr als nur eine Gedenkstätte für eine Schlacht. Das Bummeln in der wunderschön restaurierten Barockstadt macht große Freude – es gibt viel zu sehen und zu erkunden. Neben einem aus türkischer Besatzungszeit noch erhaltenen 40 Meter hohen Minarett und einer von König Stephan gegründeten Burg - übrigens das Wahrzeichen ungarischen Patriotismus - ist hier die zweitgrößte Kathedrale Ungarns zu bestaunen. In den kleinen verwinkelten Gässchen finden sich viele kleine Läden und Restaurants, die zum Stöbern und Verweilen einladen. Eger liegt inmitten eines großen Weinanbaugebietes und so finden sich zahlreiche Weinstuben und unterirdische Weinkeller. Aus Eger kommt übrigens auch der Erlauer Stierblut her. In der Heimatsprache des Landes wird der säurearme, tiefdunkle Rotwein „Egri bikavér“ genannt. https://visiteger.com/de/sehenswurdigkeiten/alle





Szilvásvárad - feurige Pferde und kühles Nass


Natur pur erwartete uns in Szilvásvárad. Das im Szalajka-Tal gelegene Örtchen ist bekannt für seine sehr erfolgreiche Lipizzaner-Züchtung. Die schönsten Pferde können im Stall des Lipizzaner-Museums angeschaut werden. Im Tal findet sich auch der malerisch schöne Schleier- Wasserfall, der vom Besucherparkplatz in einem halbstündigen Fußmarsch oder per Schmalspurbahn entlang eines mäandrierenden von Erlen gesäumten Bachlaufs erreichbar ist. In Szilvasvarad befindet sich übrigens auch die größte Calvinistische Rundkirche Europas.


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Lillafüred


Lillafüred scheint einem Bilderbuch entsprungen zu sein. Das vor den Toren von Miskolc gelegene Örtchen zählt laut Wikipedia offiziell nur stolze 217 Einwohner, ist im Sommer aber Anziehungspunkt für sehr viele Touristen. 1811 wurde der Garadna-Bach aufgestaut, um die Wasserversorgung von Miskolc zu unterstützen. Später hat sich die wohlhabende Stadtbevölkerung in die Gegend um den entstandenen Stausee als Freizeit- und Jagdgebiet "verguckt". So entstand 1930 ein Palasthotel, das ein bisschen an Schloss Neuschwanstein erinnert. Der hängende Garten auf den Terrassen des Schlosshotels lockt für einen schönen Spaziergang.


In Lillafüred befindet sich auch unterirdische Sehenswürdigkeiten wie die 400m lange Annahöhle, die sich in Kalktuff herausgebildet hat, die Tropfsteinhöhle Sankt-Stephan und die Fossilien der Szeleta-Höhle. Wen es lieber in die Höhe verschlägt, dem sei die Sesselliftbahn empfohlen, die in einer 18 minütigen Fahrt auf den 606 m hohen Jávorhegy führt. Ein Kleinod für Eisenbahnfreunde wie Andreas ist die Schmalspurbahn, die von Lillafüred nach Miskolc und in der anderen Richtung nach Garadna führt. Bei unserer Fahrt mit der Bahn wurden wir Zeugen einer unfreiwilligen "Schiene vom Baum freimachen"-Aktion: Das Team der Schmalspurbahn war jedoch perfekt eingespielt, setzte auch eine schwere Motorsäge ein und löste so die unerwartete Sperrung ruckzuck auf.





Wir lieben Ungarn - eine kleine Randnotiz. Wir standen am Schalter für die Fahrkarten zur Schmalspurbahn. Die Verkäuferin telefonierte mit ihrem Smartphone. Es war noch viel Zeit bis zur Abfahrt des Zuges. Wir warteten gemütlich und freuten uns auf den gemeinsamen Wandertag. Plötzlich tönte es in harschem Ton auf Englisch hinter uns. "Ich möchte hier zwei Fahrkarten kaufen." Ich drehte mich um. Ein Herr drängte darauf, endlich bedient zu werden. Ich lächelte ihn freundlich an: "Wir sind in Ungarn. Alles wird gut. Es muss nicht schnell gehen". Offensichtlich hielt sich der Mann noch nicht lange in Ungarn auf. Ungarn ist ein Entschleunigungsland. Für uns eine wohltuende Erfahrung. In Deutschland sind wir jahrelang nur "gerannt". Was hat es gebracht? Wir können noch viel von den Ungarn lernen.



Miskolc: "Stahlstadt", Opern- und Film-Hauptstadt und mehr


Mit der Einwohnerzahl von 159.554 (2015) ist Miskolc nach Budapest, Debrecen und Szeged die viertgrößte Stadt Ungarns.


Der erste Eindruck: sehr viel "Platte"! Stadtgeschichtlich ist Miskolc ein Industriestandort, der viele Arbeitskräfte benötigte, die untergebracht werden mussten. In den 1980er Jahren beschäftigte die örtliche Metallindustrie 18.000 Arbeiter, die Produktion betrug über eine Million Tonnen pro Jahr. Inzwischen hat Miskolc seine wichtige Rolle in der Industrie verloren.


Doch die Stadt hat noch viele "Gesichter". So bietet die Universität viele Studienrichtungen an. Und mit dem Grafikfestival gilt Miskolc sogar als „Ungarische Hauptstadt der Grafik“. Auch trägt Miskolc jährlich ein internationales Opernfestival aus. Die Innenstadt ist wunderschön restauriert. Wir waren an einem Samstagmorgen in der Stadt und erwarteten große Wochenend-Geschäftigkeit. Doch die Innenstadt überraschte mit einer unerwarteten Entspanntheit und Ruhe, die wir bei einem

leckeren Cappuccino in einem voll mit Büchern ausgestatteten Antik Art Antiquarium Café genossen haben.




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Bükkszentkereszt - Bergdorf mit Heilkräften


Ganz in der Nähe des Campingplatzes Hollósstető Bergcamping befindet sich das schöne Bergdorf Bükkszentkereszt, das den Status eines Luftkurorts hat. Es überrascht mit vielen schön gestalteten Ferienhäusern und einer großen Freilichtbühne mit Blick ins dahinterliegende Tal. Das Dorf verdankt seinen Ursprung der 1755 von der Diósgyőr-Krone errichteten Glashütte. Es ist mit einer durchschnittlichen Höhe von 600 m eine der höchstgelegenen Siedlungen Ungarns.

Die erste Fahrt zum Dorf galt einem ganz profanen Grund: Wir hatten fürs erste Abendessen keinen Vino eingepackt, wollten aber den Urlaubsbeginn gebührend feiern. Im Ort stießen wir auf den Hinweis einer Wallfahrtsstätte, die im angrenzenden Wald liegt, die wir dann auch per Pedes aufsuchten. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass diese so gut besucht ist. Auf den kleinen Felsen, die unter der aus vier Baumstämmen geformten Kuppel gelegenen Wallfahrtsstätte zu finden sind, saßen viele Besucher andächtig schweigend. Ein Anblick, der uns berührte.


Bei einem zweiten Besuch der Wallfahrtsstätte erklärte mir ein Besucher, dass ich "auf der Lunge säße". Ich verstand nicht recht, was er meinte, so erklärte er mir, dass jeder Fels unter dieser "Naturkuppel" für ein bestimmtes Organ steht und so bei bestimmten Beschwerden gezielt aufgesucht werden kann.

Weitere Informationen:





Hercegkút und seine Kellerreihe von Köporos



Auf dem Weg nach Sárospatak führte uns unser Weg auch zu einem der bekannten Fotomotive Ungarns, die Weinkellerreihe von Köporos bei Hercegkút. Die Weinkeller, die heute von einigen Winzern als Verkaufsstätte ihrer Erzeugnisse genutzt werden, liegen inmitten der Weinbauregion Tokajs in einer malerischen Landschaft. Auch wir nutzen die Gelegenheit, einen frisch ausgebauten Weisswein mit Apricotnote als Mitbringsel zu erwerben. Übrigens, das Dörfchen Hercegkút (deutsch Trautsondorf) wurde 1750 gegründet, als Fürst Trautson, nach dem Rákóczi-Unabhängigkeitskrieg deutsche Siedler in das entvölkerte Gebiet brachte. Die Siedler betrieben hauptsächlich Weinbau." (Quelle https://hu.wikipedia.org/wiki/Hercegk%C3%BAt)


Weitere Informationen:





Sárospatak - bedrückende Momente in einer zauberhaften Stadt



Unsere letzte Station führte uns nach Sárospatak, eine bezaubernde Stadt an der slowakisch, ukrainischen Grenze: Es ist die Stadt, die uns Elisabeth, eine Freundin und für uns schon oft tätig gewordene Dolmetscherin aus Budapest als Reiseziel unbedingt empfohlen hatte. Es sollte ein trauriger Besuch werden, denn ausgerechnet während dieser Reise erreichte uns die Nachricht von ihrem viel zu frühen Tod.


So schlenderten wir bedrückt durch das bezaubernde Städtchen und der Zufall wollte es, dass wir ausgerechnet vor dem Geburtshaus der heiligen Elisabeth von Thüringen, die in Sárospatak geboren wurde, landeten. Es schien wie ein letzter Gruß von unserem so hilfreichen Engel. Und dann lesen wir auf einer Gedenktafel auch noch folgendes Motto der heiligen Elisabeth:


"Wir sollen die Menschen froh machen."

"Unsere" Elisabeth hatte uns definitiv froh gemacht. Sie hat uns bei vielen administratorischen Aufgaben mit großer Fürsorge und Liebe zur Seite gestanden. Wir können immer noch nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist.


Es sollte nicht die einzige Todesnachricht bleiben.  Kurze Zeit später erreichte uns die Nachricht, dass ein lieber Freund, der vor knapp drei Jahren nach Ungarn ausgewandert war, plötzlich verstorben ist. Es war bereits die dritte Todesnachricht in kurzer Zeit, denn erst wenige Wochen vor unserer Reise hatten wir eine liebe Freundin durch Krankheit verloren. Sie war mit ihrem Mann nach Ungarn ausgewandert und hatte gefühlt gerade erst die Koffer ausgepackt. Zusammen wollten sie die Rente in Ungarn genießen und einen schönen Lebensabend verbringen. Und plötzlich ist alles anders.


Drei liebe Menschen, die viel zu früh von uns gegangen sind. Menschen, denen wir noch viele schöne Tage gewünscht hätten und mit ihnen gerne noch oft zusammen gesessen hätten. Es stimmte uns nachdenklich und wir haben auf unseren Wanderungen viel darüber gesprochen. Nehmen wir uns alle nicht so wichtig und lasst uns die schönen Momente mit Freunden und Familie schätzen.




Unser Fazit


Auch wenn wir traurige Nachrichten zu verdauen hatten, waren es schöne Tage im Nordosten Ungarns: Übernachten im Wald, wunderbare Sternennächte erleben, eintauchen in die ungarische Geschichte, Land und Leute besser kennenlernen, sich freuen über die Hilfsbereitschaft der einheimischen Bevölkerung, das Warten in der Schlange überhaupt nicht mehr wahrnehmend, in den Tag leben (nicht ganz so einfach als Dienstleister), einfach gemütlich zusammen zu sein und jede Minute genießen. Wir haben wieder ein neues Stückchen Ungarn kennengelernt, das viele schöne Eindrücke hinterlassen hat.

Wir freuen uns, dass wir hier leben dürfen und sind jetzt schon gespannt auf unsere nächste Ungarntour, bei der wir das Land wieder ein bisschen besser kennenlernen.


 


Die Autoren stellen sich vor: Emily und Andreas Paersch


Andreas Paersch und Emily Paersch
Andreas Paersch und Emily Paersch

Das Ehepaar wohnt und arbeitet (im eigenen in Ungarn gegründeten Unternehmen Paersch Services Kft.) in Somogyvár, eine halbe Stunde von Fonyód am Balaton entfernt. Ihre erste Erkundungsreise in Ungarn führte sie ans Donauknie zum Herzchakra der Welt.


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